Zudem fungiert die COVID-19-Krise als Wachstumsbeschleuniger für Nutzungsdauer und Reichweiten. Lockdowns und Homeoffice haben den Videokonsum in den eigenen vier Wänden auf ein noch nie dagewesenes Niveau gehoben, und die Video-Streaming-Plattformen wie Netflix und Amazon Prime Video oder auch lokale Anbieter wie RTL+ in Deutschland verzeichnen einen sprunghaften Anstieg der Zuschauerzahlen.
Das sogenannte „hybrid TV viewing“ ist die neue Normalität. Eine Studie von Magnite und Statista hat ergeben, dass 71 % der europäischen Zuschauer heute eine Kombination aus traditionellem Fernsehen und Connected-TV-Inhalten konsumieren. 30 % der Haushalte geben an, dass sie hauptsächlich CTV-Inhalte sehen, während nur 22 % ausschließlich traditionelles Fernsehen sehen.
CTV-Nutzer bewegen sich dabei zunehmend in beiden Umfeldern – dem einfachen Broadcasting sowie der Interaktion mit CTV-Inhalten:
Und sie sind absolut in werberelevanten Zielgruppen – und im Grunde sind sie noch repräsentativer für die Gesamtbevölkerung als die Nutzer des klassischen Fernsehens, wo sich zunehmend nur noch „die Älteren“ tummeln:
Gleichzeitig werden immer mehr Inhalte werbefinanziert angeboten bzw. werbefreie Inhalte wie Netflix und Disney+ dominieren nicht mehr den Konsum von CTV-Inhalten. Der durchschnittliche CTV-Zuschauer sieht inzwischen fast genauso viele werbefinanzierte Inhalte wie Paid Content.
Alles gut also im Connected-TV-Markt? Bei näherer Betrachtung ergeben sich Herausforderungen.
2. Durchblick – Strategische Herausforderungen in einem neuen Mediensegment
Mit scheinbar qualitativ hochwertigen Inhalten und einer großen Reichweite scheint CTV – das oft über Plattformen wie Google Chromecast, Amazon Fire TV, Roku, Apple TV, Samsung TV oder andere betrieben wird – auf den ersten Blick eine gute Werbewette zu sein. Und da die drohende Abschaffung von 3rd-Party-Cookies Panik über das dann fehlende Targeting auf Desktop- und Mobilgeräten auslöst, bietet CTV attraktives Inventar. Für diejenigen, die nicht gewisse Sorgfaltspflichten vernachlässigen, kann es jedoch einen großen Nachteil geben: Es kann leicht passieren, dass sog. „bad actors“ den Hype, den CTV derzeit erlebt, ausnutzen.
Insofern entstehen Herausforderungen, die wir aus dem stationären und mobilen Internet bereits kennen – und teilweise überwunden geglaubt hatten:
Hohe TKPs ziehen Betrüger an. CTV-Inventar erzielt einen höheren Preis als viele andere Arten von Werbung. Betrüger bevorzugen hohe TKPs, weil sie damit ihre Rendite maximieren können. In Verbindung mit einem anfälligen Werbe-Ökosystem besteht die Möglichkeit, mit wenig Aufwand große Gewinne zu erzielen – ein perfektes Rezept für Fraudster und andere Betrüger.
Knappheit führt zu geringeren Standards. CTV-Inventar ist (noch) von Natur aus knapp. Um als Publisher mehr zu verdienen, müssen mehr CTV-Kanäle/Apps aufgebaut und Inhalte entweder selbst produziert oder lizenziert werden. Unter diesen Bedingungen kommt es zu einem Dominoeffekt. Werbeplattformen und -netzwerke sind übereifrig, genügend Inventar zu beschaffen, um das Geschäft am Laufen zu halten, was zu laxen Angebotsstandards führt. Größere Heterogenität und mangelnde Durchdringung mit Marktstandards sind die Folge.
Fehlende Cross-Channel-Konzepte führen zu experimenteller Verschwendung. Häufig gehen sowohl Werbetreibende als auch Publisher nach dem Prinzip vor, Inhalte und Kampagnen lediglich in CTV-Umgebungen „zu verlängern“. Ein Kardinalfehler aus der Anfangszeit der Smartphone-Nutzung. Integrierte Media-Strategien sind gefragt.
Die Dominanz von Plattformen erdrückt kleinere Publisher und ist damit ein Hemmschuh für Kreativität. Bereits jetzt ist auch im CTV-Markt zu merken, dass große Plattformen die Regeln vorgeben, nach denen Inhalte distribuiert und Werbung ausgeliefert wird. Dies könnte bei Publishern zu Anti-Reaktionen führen, nicht in einen weiteren Walled Garden investieren zu wollen – und dies, obwohl der CTV-Kanal aufgrund seiner hohen Interaktivität auch für News-Publisher interessant sein dürfte.
Allesamt Herausforderungen, mit denen sich umgehen lässt, die aber eine umsichtige Mediendistributions- und Werbestrategie erfordern, um die Potenziale des neuen Kanals optimal ausnutzen zu können.
3. Ausblick – Was Media-Owner und Werbetreibende tun können
Für Advertiser kann CTV ein praktikabler und leistungsstarker Kanal sein, den sie ihrem Werbemix hinzufügen können. Zunächst ist es jedoch wichtig zu wissen, dass auch CTV-Werbung Risiken mit sich bringen kann. Lassen Sie sich nicht von dem Hype mitreißen oder von Betrügern ausnutzen. Es ist eine kluge Vorgehensweise, Zeit und Ressourcen in die Strategie zu investieren, um CTV-Werbung überlegt und richtig zu nutzen, bevor man sein Engagement ausweitet.
Publisher finden in der neuen CTV-Umgebung einen attraktiven Distributionskanal für potenziell interaktive und mit hohem Zeitbedarf konsumierbare Inhalte – der Wille der Konsumenten ist vorhanden und die Interaktionsfähigkeit der Plattformen ebenfalls. Ähnlich wie im Bereich Mobile nach dem Launch des iPhones ist jetzt nicht mehr die Zeit, abzuwarten. Denn early adopters werden in der Reichweite langfristig profitieren. Und es werden längst nicht mehr nur Video-Inhalte auf CTV-Plattformen genutzt:
Letztendlich ist CTV ein neuer, interaktionsstarker Medien-Nutzungskanal, der seinen Platz in der strategischen Orchestrierung einer durchdachten und datenbasierten Inhalte-Distributionsstrategie finden kann. – Sprechen Sie uns an, wenn Sie bei dieser Entwicklung einen Partner an Ihrer Seite brauchen.