„Real World Evidence“ als Wegbereiter der Datenmedizin

Healthcare workers performing a surgical procedure.
Healthcare

„Real World Evidence“ – in Deutschland und Europa steht diese Entwicklung noch am Anfang. Wir bei Statista arbeiten mit unseren Kund:innen daran, dass sich dies bald ändert.

Thilo Löwe
Thilo Löwe
„Real World Evidence“ ist dabei, zum Buzzword der Gesundheitsbranche zu werden. Ob als kosten- und zeitsparende Ergänzung zu „Randomized Controlled Trials“ in der Pharmaforschung, als Basis für KI-basierte Diagnostik, personalisierte Medizin oder die Zertifizierung beziehungsweise den Wirksamkeitsnachweis von Digitalen Gesundheitsanwendungen: die nicht zuletzt auch wirtschaftliche Bedeutung von „Real World Evidence“ als Fundament der Datenmedizin steht inzwischen außer Frage. Da überrascht es nicht, dass es in den letzten Monaten vielen zumeist amerikanischen Startups gelungen ist, erhebliche Finanzierungsmittel für die Entwicklung von „Real World Evidence“-Plattformen zu erhalten. In Deutschland und Europa steht diese Entwicklung dagegen noch am Anfang.
In den Vereinigten Staaten hat in den letzten Monaten eine Kategorie von Startups hohe Funding-Summen eingesammelt, die hierzulande noch kaum auf dem Radar ist: sogenannte „Real World Evidence“-Plattformen, die medizinische Behandlungsdaten aus verschiedenen Quellen aggregieren und damit medizinische Forschungsprojekte unterstützen. Dazu gehören unter anderem:
Vergleichstabelle der Finanzierungsquellen für nordamerikanische Gesundheits-Startups.

Ein weiteres Beispiel ist die onkologische „Real World Evidence“-Plattform Flatiron Health, die in 2018 von Roche zu einer Bewertung von USD 1,9 Mrd. übernommen wurde.

Woher kommen diese hohen Bewertungen? Die genannten Plattformen verfolgen unterschiedliche Geschäftsmodelle – vom reinen Datensammeln und -aggregieren über Lösungen für den Datenaustausch bis hin zu Software-Tools für die personalisierte Patientenbehandlung in Krebskliniken. Gemeinsam ist ihnen der Anspruch, durch „Real World Daten“ die Kosten in der Entwicklung von Medikamenten zu senken und die Passgenauigkeit von Therapien zu erhöhen. Perspektivisch geht es auch um den Einsatz von „Machine Learning“ und KI. Die nachfolgende Darstellung illustriert diesen Ansatz für die Pharmaforschung:

Darstellung der Anwendung von Real-World-Daten in klinischen Studien.

Die von IQVIA bereits in 2016 berechneten Einsparungen in Höhe von 15 % in der Pharmaforschung durch „Real World Evidence“ würden sich weltweit zu einem Betrag von über USD 27 Mrd. summieren.

Quellen von „Real World Evidence“

Im Vergleich zu den USA ist die Verfügbarkeit von „Real World Evidence“ in Deutschland noch sehr eingeschränkt. So wird die elektronische Patientenakte in Deutschland erst im nächsten Jahr verbindlich eingeführt (in den USA mit dem HiTECH Act seit 2009), dazu stellt das „Zentralinstitut für die Kassenärztlichen Vereinigungen“ (ZI) die Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherungen nur Ärzt:innen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zur Verfügung (und dies mit erheblichem Zeitverzug). Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte und Digitaler Gesundheitsanwendungen sowie dem flächendeckenden Roll-out der Telematik-Infrastruktur wird sich diese Situation in Deutschland in den nächsten Jahren ändern. Bereits jetzt besteht die Möglichkeit, über Plug-Ins in den Arztinformationssystemen Ärztepanels aufzubauen und über Digitale Gesundheitsanwendungen Daten zu speziellen Patientengruppen zu gewinnen. Aber selbst hier muss man mit einem Zeitbedarf von ein bis zwei Jahren rechnen, bis eine repräsentative Datenmenge erreicht ist.

Eine Übersicht über die wichtigsten potenziellen Datenquellen für „Real World Evidence“ in Deutschland finden Sie hier:

Überblick über Gesundheitsdatenquellen und ihre Herkunft.

Ansätze für „Real World Evidence“-Plattformen in Deutschland

In Deutschland ist der Aufbau von „Real World Evidence“-Plattformen heute noch vor allem eine Sache der universitären Forschung. Neben der „Nationalen Kohorte“ sind hier insbesondere die Datenintegrationszentren der Medizininformatik-Initiative des BMBF sowie die „Hamburg City Health Study“ (HCHS) zu nennen. Hierbei liegt der Fokus primär auf der Datenerhebung im klinischen bzw. stationären Kontext. Der bedeutendste private Anbieter von „Real World Evidence“-Daten ist aktuell noch die amerikanische Firma IQVIA, die ein Panel mit mehreren tausend Ärzt:innen sowohl im klinischen als auch im ambulanten Sektor betreibt. Aktuell ändert sich diese Situation jedoch, und seit 2019 entstehen immer mehr Initiativen zum Aufbau von „Real World Evidence“-Plattformen auch in Deutschland. Dazu gehören:

  • - Data4Life: Eine gemeinnützige Initiative des Hasso Plattner-Instituts. Schwerpunkt liegt derzeit auf der Entwicklung einer europäischen Lösung für das Teilen und Sammeln von Gesundheitsdaten im Rahmen des „Smart4Life“-Konsortiums
  • - Urogista / Uroscience: Initiative des „Deutschen Instituts für fachärztliche Versorgungsforschung“ (DIFA) und des „Berufsverband der Deutschen Urologen e. V.“, um Meldungen für das Krebsregister durch „Plug-Ins“ in das Arztinformationssystem zu automatisieren, in einer zentralen Datenbank zu speichern und damit auf vereinfachtem Wege Urolog:innen die Teilnahme an Studien und Versorgungsforschungsprojekten zu ermöglichen
  • Docmetric: Initiative der CompuGroup Medical AG, über die CGM Arztinformationssysteme Ärztepanel zur Gewinnung statistischer Informationen zu Diagnosen und Behandlungen in Echtzeit zu erhalten.

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